Rottweils Stadtbild ist geprägt von mächtigen Bürgerhäusern mit prachtvoll ausgestatteten Erkern und Stechschildern, die mit Bildern und Symbolen auf die im Haus ausgeübte Profession oder auf eine Trinkstube hindeuten. Bei einem Spaziergang durch die Gassen der Stadt gibt es an den Häusern vieles zu entdecken und zu enträtseln.
Stadt abwärts gleich neben dem Alten Rathaus steht ein üppig bemaltes Haus. Die Szenen zeigen etwas vom Alltagsleben im alten Rottweil. Aufgeführt sind auch die früheren Besitzer des Hauses mit ihren Wappen – angeführt von den Herren von Bubenhofen, über die Herren und Grafen von Zimmern, über die Khuons bis hin zu den heutigen Besitzern Kirsner, die unweit ein Sportgeschäft betreiben. Gottfried Werner von Zimmern liebte die Musik. Oft wurde hier gesungen, Pfeifen erklangen und die Laute wurde geschlagen, was den Rottweilern nicht unbedingt gefiel. Der alte Konrad Spreter sah sich veranlasst, sich beim Rat der Stadt über das „Lärmen“ zu beschweren.
Im 19. Jahrhundert beherbergte das Haus die Wirtschaft „zum Kronprinzen“. Der Name sollte an die neue württembergische Obrigkeit erinnern.
Gegenüber des Rathauses ist das Herdersche Haus, das heutige Stadtmuseum. Benannt ist es nach der ehemaligen Besitzerfamilie Herderer, die Bürgermeister und Schultheißen der Stadt gestellt hat. Die auffallende Erkergestaltung mit dem Christuszeichen und Sprüchen weist auf die barocke Frömmigkeit im 18. Jahrhundert hin.
Geht man die Straße weiter hinunter zur Kreuzung fällt links eine auf die Hauswand gemalte Werbeanlage auf. Hier hatte Johann Georg Gerni im 17. Jahrhundert sein Handelshaus. Im späten 18. Jahrhundert war das Haus die Wirtschaft „Zum Kamel“ mit eigener Brauerei.
Im Erkerkorb erinnert der Bierbrauerstern daran. Die Brauer malten den Stern auf ihre Fässer, damit das Bier nicht sauer werden sollte.
Geht man weiter Richtung Hochbrücke marschiert rechts ein großer Bär über den Köpfen der Menschen und erinnert an die Wirtschaft zum „Bären“. Im Erkerkorb sitzt der Gambrinus auf einem Fass, das mit § 11 gekennzeichnet ist, was sinngemäß „weitersaufen“ bedeutet.
Der benachbarte „Pfauen“ mit seinem prächtigen Pfau im Erkerkorb als Ersatz für ein Stechschild war ebenfalls eine Brauerei.
Einer der Besitzer, Max Bikard, ließ bei winterlichen Temperaturen seiner Frau und der Nachbarin ein Sofa auf den Gehsteig stellen, damit sie ihr ausdauerndes Schwätzchen gemütlicher fortführen könnten.
Im Pfauen gab es auch einen besonderen Platz, an dem die Honoratioren ungestört ihr Bier oder Gläschen Wein trinken konnten: das sogenannte „Heilige Grab“.
Gegenüber lockt der „Goldene Becher“ seine Kunden mit einem äußerst ansprechenden Stechschild und einem üppig verzierten Erker, aus dem Gott Bacchus mit seinen Begleiterinnen zum Einkehren einlädt. Im 19. Jahrhundert war der Becher in jüdischem Besitz und diente auch als Bankhaus. Bei der Revolution von 1848, bei der auch die Rottweiler Frauen eine große Rolle spielten, schrieb Sophie Bernheim, die Tochter des jüdischen Bankiers Abraham Bernheim, einen flammenden Aufruf in der Rottweiler Zeitung.
Gegenüber vom Schwarzen Tor Richtung Westen erwarb 1842 Joseph Teufel das Haus der Familie Weber von Webersheim und eröffnete darin eine Wirtschaft. Teufel war als Spaßvogel bekannt und nannte seine Wirtschaft „Paradies“. Der Erker zeigt die Szene mit Adam und Eva. In einem weiteren Bildfeld verweist der abgebildete Hummer darauf, dass hier auch Fisch und anderes Meeresgetier gereicht wurde.
Viele der alten Wirtschaften existieren nicht mehr – neue sind hinzugekommen. Rottweil, die Stadt des Kaiserlichen Hofgerichts musste früher ja für Übernachtungs- und Einkehrmöglichkeiten sorgen, die Zünfte hatten in den Gasthäusern ihre Trinkstuben und der katholische Hang zum Feiern schlug sich auch im Besuch der Wirtshäuser nieder. Und was wäre die Fasnet ohne Einkehrmöglichkeit!